zum treffen in tunix

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Die tausendfache Angst wird tausendfach bewacht!
Der tausendfache Krampf wird tausendfach belacht!
Der tausendfache Brand wird tausendfach entfacht!

 

Zum Treffen in TUNIX:

Wir finden es gut, dass hier Genossen die Initiative ergriffen haben, um eine längst fällige Auseinandersetzung in Gang zu bringen. Wir fänden es noch besser, wenn über Tunix endlich ein Ansatz geschaffen würde, die totale Zersplitterung der Linken zu überwinden. Es müssen ja nicht gleich alle mit der gleichen Farbe den gleichen Stern an die Wand malen. Es würde schon reichen, gemeinsam nach TUWAS aufzubrechen. Wir bilden uns nicht ein, aus der „Geborgenheit“ des Knastes heraus die in den letzten Jahren für Kampf und Widerstand entstandenen Schwierigkeiten besser beurteilen zu können als die Genossen, die sich im täglichen Kleinkrieg damit herumschlagen müssen. Aber ein paar kritische und selbstkritische Kleinigkeiten hoffen wir doch zur Diskussion beitragen zu können.

 

Die Zersplitterung überwinden !

Worauf es uns hier und heute ankommen muss, wenn wir uns nicht allesamt ein politisches Massengrab schaufeln wollen, ist unsere Zersplitterung überwinden, endlich wieder über den Horizont unserer Minigruppen hinausschauen. Während sich die Linken in diesem Land die Hirne gegenseitig einreißen, blasen die Rechten zum Sammeln. Die beispiellose Offensive der Reaktion in den letzten Jahren ist nicht zuletzt durch das heillose und widersinnige Gegeneinander der hunderten von Gruppen und Grüppchen möglich geworden. Nicht nur die Zugeständnisse des Kampfes der Jugend- und Studentenrebellion sind ersatzlos gestrichen worden, sondern der staatliche Machtapparat konnte widerstandslos in einem Maße ausgebaut werden und die Kontrolle aller Lebensbereiche herstellen, wie es totaler selbst im Dritten Reich nicht möglich war. Dass die Methoden heute differenzierter sind, die damalige exzessive Brutalität in der direkten Konfrontation noch nicht erreicht ist, soll die Optik nicht trüben, liegt ausschließlich daran, dass sie es bei der Schwäche der Linken nicht nötig haben. Die zersplitterte, resignierte und/oder in Dogmatismus verrannte Linke ist derzeit nicht in der Lage, die kapitalistische Ordnung zu gefährden. Die Aufsplitterung der Linken in aberdutzende Gruppen hat es den Herrschenden verdammt leicht gemacht, sie zu isolieren, die Gefährlichkeit und Anziehungskraft des geballten Aufbegehrens der Straße zu paralysieren. Vor allem auch untereinander isoliert, borniert dem vermeintlich gefundenen „Einzig-Wahren-Weg“ folgend, sich zerschleißend im Konkurrenzkampf gegen die Abweichler um die Ecke, ist die gesamte antikapitalistische Opposition in der Sackgasse gelandet.

 

Die Alternativen:

Die einen, die sich Freiräume erkämpft zu haben glaubten, machten sich mit Eifer daran, sie mit Alternativprojekten zu füllen. In der Euphorie des scheinbaren Sieges übersahen sie, dass es unmöglich ist, aus dem Zusammenhang und den Bedingungen der Gesellschaft auszuscheren, ohne die Bedingungen selbst zu ändern, statt die Projekte zur Ausgangsbasis für den nächsten Schritt zu machen, zur Grundlage für die Ausweitung des Kampfes eben klarzumachen, dass es gilt, die eigenen Interessen durchzusetzen, wenn man nicht die der Herrschenden erfüllen will, ging es nur noch darum, die Überlegenheit ihrer Arbeit zu beweisen. Dieses Rechtfertigungsbewusstsein führt dazu, dass Kompromiss auf Kompromiss geschlossen wird, um das Projekt nur ja zu retten – bis es nur noch eine Karikatur des ursprünglichen Konzepts war. Was als alternativ zur Gesellschaft gedacht war, endete als Alternative zum Kampf. Das Widerstandsbewusstsein verkümmerte zur Sozialarbeiterhaltung. Die Kompromisse zur Sache summierten sich zur Kompromittierung des Bewusstseins. So ist es bei den meisten Projekten verlaufen. Und der kleine Rest wurde und wird mit anderen Mitteln diszipliniert oder zerschlagen.

 

Der Marsch durch die Institutionen:

Und wo sind die Marschierer durch die Institutionen? Sie haben sich angepasst oder sind geflogen. Verändert haben sich nur die Marschierer, der Apparat dient der Reaktion wie eh und je. Was wahrscheinlich auch das einzig vorausschaubare war. Denn wer von ihnen an die Schaltstellen der Institution gelangen will, muss erstmal die Aufgaben des Apparates erfüllen und er muss sie besser erfüllen als andere. Das heißt, der Funktion des Staatapparates nämlich die Ordnung der Herrschenden zu schützen – besser gerecht werden als andere. Wer die Schaltstellen erreicht, hat diese Funktion erst einmal erfüllt. Diese Genossen sehen im Staat ein technisches Vehikel das sich für jeden und alles funktionalisieren lässt, ein neutrales Gemeinwesen, in dessen Rahmen sich ungestört Klassenkämpfe entfalten und Machtpositionen beliebig ausfüllen lassen, eine Wettlaufstrecke, bei der es nur darum geht, als erster durchs Ziel zu kommen. Die Genossen übersehen, dass der Staat ein Instrument mit ganz bestimmten Funktionen ist. Die Funktion des bürgerlichen Staates ist es nun mal eben, die kapitalistische Gesellschaftsordnung zu schützen und aufrechtzuerhalten. Und für die Erfüllung eben dieser Funktion ist das Instrumentarium geschaffen. Selbst wenn es bisher Machtlosen gelingen sollte, die Macht zu erringen, nutzt ihnen dieses Instrumentarium nichts – es sei denn sie sind lediglich an einem Rollentausch interessiert. Für eine grundlegende Umwälzung der Gesellschaft, für eine herrschaftslose, menschliche Ordnung nutzt uns dieser Staat nicht im Geringsten. Er steht uns im Weg.

 

Die lieben Widersprüche:

Natürlich ist das jetzt alles sehr pauschal. Und es ist keineswegs so, dass jeder Genosse, der um ein Alternativprojekt gekämpft hat oder den Kampf in die Institutionen tragen wollte, sich korrumpieren lassen hat. Es gibt genug Beispiele dafür, wo das nicht passiert ist. Aber diese Genossen sind nicht mehr in den Institutionen.
 
Wir sagen nicht, dass es falsch ist, als Lehrer oder Sozialarbeiter in Schule oder Jugendheim ein Bewusstsein für die eigenen Interessen zu wecken, Jugendlichen die Zusammenhänge ihrer beschissenen Situation klarzumachen den Widerstand als Alternative zur Anpassung und Selbstaufgabe zu propagieren.
 
Wir sagen, dass der Widerspruch zwischen aufgetragener Funktion und konsequenter revolutionärer Arbeit zu einem Punkt führt, an dem man sich vor lauter Taktiererei in Reformismus verliert, wenn man nicht bereit ist, auch die persönlichen Konsequenzen zu ziehen. Konsequent sein heißt in diesem Zusammenhang, die Legalität zu durchbrechen, die aufgetragenen Funktionen nicht mehr zu erfüllen, sondern zu sabotieren. Besonders deutlich wird es am Beispiel des Knasts. Wer etwa meint, revolutionäre Arbeit mit der Funktion als Schließer vereinbaren zu können, macht sich bestenfalls lächerlich. Er schließt die Türen wie jeder andere. Konsequenzen ziehen hieße, die Türen auf und nie wieder zuzuschließen. Alles andere ist nur Verschleierung der Brutalität, reformistische Taktik der Konfliktvermeidung. Revolutionäre Politik hat nichts mit punktueller Konfliktüberwindung zu tun, sondern mit Sabotage gegen die Funktionen von Herrschaft. Und nur so kann der Marsch durch die Institutionen als revolutionäre Politik verstanden werden.

 

Den Staat abschaffen, nicht reformieren !

Kritisch auseinandersetzen müssen wir uns auch mit den Vertretern einer anderen Position, die besonders bei den militanten und den bewaffneten Gruppen maßgeblich geworden ist, die Fixierung auf den Staat als das scheinbar einzige Grundübel, das nur beseitigt zu werden braucht, und einer sozialen Neuordnung stünde nichts mehr im Wege. Diese Genossen verkennen, dass der bürgerliche Staat nicht die Ursache der gesellschaftlichen Verhältnisse ist, sondern deren Wirkung. Und zwar nicht deren alleinige. Denn die Bereitschaft der viel zitierten Massen zur Unterordnung beruht nicht allein auf der Gewalt des staatlichen Machtapparates.
 
Die geballte Macht der Desinformation durch Massenmedien, Schule und faschistischer Massenliteratur, die Manipulation durch Kontrolle von Vertreterorganisationen, wie Gewerkschaften und so genannten Massenparteien, die ideologischen Verwirrspiele und das Angebot von Scheinalternativen zur Ab- und Umlenkung von Unmut und Aggressionen, und vor allem die soziale Bedrohung durch Arbeitslosigkeit, Berufsverbote und die Abschiebung von ausländischen Kollegen sind nicht zu unterschätzende Mittel von Herrschaft. Zum einen macht also das Projekt der Zerschlagung des Staates alleine noch keine soziale Revolution aus, weil damit noch lange nicht das kolonisierte Bewusstsein der besagten Massen zerschlagen ist, zum anderen – oder vielmehr deswegen – ist dieses isolierte Projekt von vornherein zum Scheitern verurteilt, denn ein paar mehr müssen wir dazu schon sein. Und das werden wir mit Sicherheit nicht, wenn wir die Ansatzpunkte, die die soziale Misere der Menschen und ihre Verunsicherung bietet, ignorant übersehen, anstatt zu intervenieren und die allgemeine Konfrontation voranzutreiben. Wir wollen hier keineswegs dem Massenopportunismus das Wort führen. Wenn zehn Leute sagen, der Himmel ist eine Banane, und einer sagt, der Himmel ist keine Banatle, dann heißt dass noch lange nicht, dass die Mehrheit Recht hat. Wir können nicht sagen: das Bewusstsein der Massen ist noch nicht so weit, sondern wir müssen fragen, wie dieses Bewusstsein Stück für Stück aufzubrechen ist.

 

Unsere Isolation im Volk:

An diesem Punkt haben auch wir aus der Guerilla uns zu fragen, inwieweit wir unsere Isolation nicht selbst mitverschuldet haben. Von den – leider viel zu wenigen Aktionen, zum Beispiel gegen Kaußen, MAN, BVG, Paragraph 218 mal abgesehen, sind die Mehrzahl der Genossen von der Politik der bewaffneten Intervention abgekommen und versuchen sich in einer rein militärischen Auseinandersetzung mit dem Staatsapparat. Wir haben damit das uns zugewiesene Ghetto akzeptiert, anstatt aus ihm auszubrechen. Sicherlich hat auch das Fehlen der öffentlichen Auseinandersetzung mit den anderen Teilen der Linken dazu beigetragen – aus der Furcht heraus, der Staat könnte sie für die psychologische Kriegsführung gegen uns nutzen, wurde Kritik abgetan und als Bullenpropaganda hingestellt. Unsere Optik war verstellt durch die Gleichsetzung der Linken mit Typen wie Cohn Bendit, SB oder Langer Marsch, die öffentlich zur Denunzierung von Genossen aufgerufen haben, oder – wie in Frankfurt den Bullen gleich die ganze Arbeit abnehmen? Indem sie Sympathisanten-Karteien anlegen. Mit diesen Hilfsbullen kann es auch weiterhin keine Auseinandersetzung auf dieser Ebene geben.

 

Kritik am RAF-Konzept:

Als eine Form der Resignation betrachten wir die Einwendung von bewaffneten Gruppen zu einem neuen antiimperialistischen Konzept. Die Genossen sagen, dass aufgrund der Korrumpierung der Massen in der Metropole BRD eine breite Entwicklung proletarischer Gegenmacht unmöglich, der Aufbau einer sozialen Widerstandsbewegung sinnlos ist. Aufgrund der Tatsache, dass die Völker der Dritten Welt am stärksten unterjocht und ausgebeutet werden, gehen sie davon aus, dass nur diese die Basis für einen weltweiten revolutionären Kampf bilden können. Sie betrachten die BRD nur als militärisches Operationsfeld und richten ihre Politik danach aus. Wir können diese Position nicht übernehmen: Selbstverständlich muss die praktische Solidarität mit den Völkern der Dritten Welt und deren Befreiungskämpfen ein wesentlicher Bestandteil unseres Kampfes sein. Aber die beste und wirksamste Solidarität mit diesen Völkern ist der Aufbau einer starken revolutionären Widerstandsbewegung hier, die es dem kapitalistischen Staat verunmöglicht, seine imperialistischen Interessen zu verwirklichen. Es ist Fatalismus, die derzeitige Schwäche des revolutionären Lagers als gegeben und unveränderbar hinzunehmen. Die sich verschärfende Krise des Kapitalismus setzt auf allen Ebenen ein immer größer werdendes Potential frei, auf das es sich zu konzentrieren gilt. Die Aussage ist eindeutig, wenn Schmidt sagt, dass den Terroristen heute die Grundlage entzogen werden muss, wenn nicht morgen das Heer der jugendlichen Arbeitslosen zu ihnen abgleiten soll, oder wenn Kohl feststellt, dass sie verloren haben, wenn der Terrorismus in den nächsten fünf Jahren nicht restlos zerschlagen wird. Und die massive Aufrüstung des Staatsapparates erfolgt beileibe nicht wegen der derzeit schwachen – und sowohl ökonomisch als auch militärisch äußerst uneffektiven Guerilla. Selbst wenn es sogar noch Linke gibt, die diesen Schwachsinn verbreiten. Natürlich werden wir niemanden von der Notwendigkeit revolutionärer Politik überzeugen, wenn sich diese Politik gegen ihn selbst richtet. Wir haben uns alle von den faschistischen Bomben in den Bremer, Hamburger und Kölner Hauptbahnhöfen distanziert. Wir haben alle und immer gesagt, die Aktion und Politik der Guerilla richtet sich niemals gegen das Volk, immer gegen die Herrschenden. Aber: wer sitzt da eigentlich in den Urlauber-Maschinen der Billigst-Route nach Mallorca?

 

Das Volk und die Guerilla:

Der Genosse Werner Sauber hatte im Januar 1975 in einer Analyse zum antiimperialistischen Konzept folgendes geschrieben: „Eine praktische Auseinandersetzung über die Verbindung des bewaffneten Kampfes mit militanten Proleten wird von den Genossen nicht akzeptiert. Stattdessen machen sich die Genossen als revolutionäre Geheimdienst-Truppe stark, die nur in den Befreiungskriegen der drei Kontinente ihre Basis sieht. Ihrem antiimperialistischen Konzept entsprechend wäre es besser gewesen, sich einer Befreiungsbewegung der Dritten Welt anzuschließen und von dieser konkreten Basis aus gegen die Metropolen zu kämpfen. So aber sind die Genossen weder Fisch im Wasser, noch Vogel in der Luft. Mit unterdrückten Randgruppen oder den Linken wird nur zusammengearbeitet, um neue Kräfte für den antiimperialistischen Kampf zu gewinnen, nicht aber, um die unterdrückten Klassenkämpfer in den Metropolen selbst stark zu machen. Der Kampf muss aus dem alltäglichen Widerstandsverhalten kommen, mit dessen Hilfe die Arbeiter mehr schlecht als recht unter dem kapitalistischen Belagerungszustand leben. Nur von dieser Alltagssituation aus konkretisiert sich jeglicher Widerstand. Wenn er stattdessen nur den imperialistischen Überbau angreift, ohne in den Fabriken und Stadtteilen verankert zu sein, kann der kapitalistische Staat ihn ohne große Schwierigkeiten mit polizeitaktischen Mitteln einkreisen und vernichten. Die Folge ist schließlich, dass am Aufbau einer Roten Armee gearbeitet wird, die zunächst als Gerippe für sich steht. Die Bomben, die sie schmeißt, hofft sie ins Bewusstsein der Massen zu werfen. Die revolutionäre Gewalt wird so zur Aufklärung reduziert. Sie entsteht nicht aus dem Kampf und der Unterdrückungserfahrung der Klasse und wird folglich auch nicht zum Mittel der Gegenmacht. Daraus ergibt sich eine sympathisierende Zuschauerhaltung, solange die Gejagten nicht gefasst werden, eine ohnmächtige Passivität bei der Auseinandersetzung zwischen dem Terror des Staates und dem antiimperialistischen Kampf der Genossen.“ In ihrer Gesamtheit ist diese Einschätzung auch heute noch richtig. Sicherlich ist es problematisch, heute pauschal von dem Arbeiter zu sprechen? der da mehr schlecht als recht unter dem kapitalistischen Belagerungszustand lebt. Die Verbürgerlichung eines großen Teils der Arbeiterschaft aufgrund ihres sozialen Aufstiegs bleibt dabei ebenso unberücksichtigt wie andererseits die spezifische Situation von Frauen, Arbeitsimmigranten, Arbeitslosen und Jugendlichen.

 

Alltägliches Widerstandsverhalten:

Der zentrale Punkt ist, dass sich der Kampf aus dem alltäglichen Widerstandsverhalten herausbilden und entwickeln kann und muss. Die Bereiche, in denen das geschieht, und die in diesen Bereichen gebundenen Menschen lassen sich heute nicht mehr in den Kriterien traditioneller Klassenbegriffe erfassen. Am deutlichsten wird dies bei den militanten Ansätzen der Anti-AKW-Bewegung, bei denen vom Bauern bis zum Uni-Professor alles zu finden ist.
 
Den Kampf aus dem alltäglichen Widerstandsverhalten heraus entwickeln heißt beispielsweise auch,
  • aus einer Demo heraus ein Bullen-Revier oder Rathaus klein zu machen, wenn ein besetztes Haus wie die Feuerwache geräumt und abgerissen wird.
  • Springers Verkaufskästen und Lieferwagen anzuzünden, wenn unsere Drucker verhaftet werden.
  • Klau-Ins in Kaufhäusern zu machen, wenn die Lebensmittelpreise steigen (die Kasse nicht vergessen!).
  • KOBs bis auf die Unterhose ausziehen und an einen Laternenpfahl binden, wenn sie zuviel schnüffeln (ne Tracht Prügel tut‘s auch!)
  • Oder schweinischen Frauenärzten die Praxis renovieren oder mit Schlachterabfall auffüllen.
Ansatzpunkte gibt es mehr als genug, und der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und praktische internationale Solidarität lässt sich am besten beweisen, wenn Firmen abbrennen, die Waffen in den Iran oder Kernkraftwerke nach Südafrika liefern.

 

Legalität – wessen Legalität?

Und natürlich wird an diesem Punkt von anderer Seite wieder die Frage nach Gewalt, Legalität und Illegalität aufgeworfen werden. Legalität, das ist das, was die Herrschaftsordnung nicht gefährdet. Wer die kapitalistische Ordnung über den Menschen beseitigen will und vor allem danach handelt, ist illegal. Dass auch nicht gleich jeder Systemveränderer in den Knast gesteckt wird, heißt noch lange nicht, dass es eine legale Möglichkeit gäbe, die Herrschenden von ihrem Sockel zu stoßen. Die Noch-Nicht-Illegalisierung kann bedeuten, dass es für den Staat praktischer ist, weil legale Gruppen leichter zu kontrollieren sind, oder dass deren Praxis nicht relevant ist, oder dass die offene Illegalisierung derzeit mehr Schaden als Nutzen bringen wurde, oder alles zusammen: Legalität ist keine feste Größe, Legalität ist eine Machtfirage.
 
Im Dritten Reich wurden Gesetze für alles geschaffen, was passierte geschah im Rahmen der Legalität. Das ist heute nicht anders. Wer den Rahmen der Legalität immer achtet, achtet irgendwann die Legalität des Faschismus. Wir sind doch nicht diejenigen, die bestimmen, was in diesem Staate illegal ist.

 

Z.B.: Das Info-BUG:

Nehmen wir doch einmal das Beispiel Info-BUG. Ein Organ, in dem die Diskussion und die Positionen der Linken publiziert werden, wird kriminalisiert. Für die Info-Macher haben sich daraus zwei Alternativen ergeben: Einmal wird ein sog. Konspi-Info gemacht, das die für uns alle wichtige Funktion weiter erfüllt, die Macher können ihr Risiko klar einschätzen, was wie sich zum Beispiel bei den Druckern gezeigt hat – nicht nennenswert höher liegt als beim alten Konzept. Zum anderen wird ein BUG gemacht, mit presserechtlich Verantwortlichem, die schon aufgrund ihrer eigenen Gefährdung an Selbst-Zensur interessiert sein müssen. Während sich die einen den veränderten Bedingungen angepasst haben, geben die anderen freiwillig Positionen auf. Das Witzige an der Geschichte ist, dass ausgerechnet die Vertreter der legalistischen Alternative sagen, dass sie es wären, die die Positionen behaupten. Wir sagen nicht, dass die legalen Möglichkeiten des Kampfes nicht genutzt oder nur vernachlässigt werden müssen. Sondern: dass nicht die bestehende Ordnung den Rahmen unseres Kampfes abstecken kann, sondern das Ziel: die Revolution
 
Nicht die Legalität bestimmt unsere Aktivität, sondern unsere Taktik im Rahmen der revolutionären Strategie.

 

Zur Gewaltfrage:

Die Frage der Gewalt ist an sich schon wieder müßig. Die tägliche Lektüre einer x-beliebigen Zeitung macht deutlich, von wem die Gewalt ausgeht. Wir können niemanden daran hindern, die linke Wange hinzuhalten, wenn er auf die rechte geschlagen worden ist, die Illusion aber, dass er damit ein für allemal sein Pensum hinter sich gebracht hätte, sollte inzwischen jeder aufgegeben haben. Wir, das heißt all diejenigen, die von diesem Staat nicht mehr vereinnahmbar sind, müssen begreifen lernen, dass wir angesichts eines bis an die Zähne bewaffneten Staates in der Durchsetzung unserer Bedürfnisse und Interessen auf bewaffnete revolutionäre Gruppen nicht verzichten können. Wir müssen uns heute darüber im Klaren sein, dass wir an einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit diesem Staat nicht vorbeikommen. Das muss als politische Notwendigkeit und allerdings nicht als Fetisch begriffen werden.

 

Wie kommen wir weiter ?

„Die Bewegung als solche, ohne Beziehung auf das Endziel, die Bewegung als Selbstzweck ist uns nichts; das Endziel ist uns alles.“ (R. Luxemburg)
 
Wir kommen alle nicht aneinander vorbei. Und warum sollten wir auch? Wenn wir weiterkommen wollen, werden wir uns gezwungen sehen, endlich einmal zu dem Punkt zu finden, wo Widerstand nicht mehr von Widerstand zu trennen ist, wo Genossen es nicht mehr nötig haben, verschiedene Formen des Widerstandes auseinander zu dividieren. Wir sollten begreifen, dass wir in der Vielschichtigkeit der Auseinandersetzung nicht nur gegenseitigen Nutzen ziehen, sondern auch aufeinander angewiesen sind. Nur der kompromisslose Kampf auf allen Ebenen führt dorthin, wo wir in der Tat eine „große Familie“ sind, die Distanzierung, wenigstens innerhalb des undogmatischen Lagers, an dem Nagelbrett der Geschichte spießen, linkes Spießertum, Konkurrenzdenken und Anfeindungsversuche überwunden sind.
 
Und das ist klar: auf dem Weg zum Strand müssen wir auch das Pflaster über unseren Hirnen aufreißen.
 
Für den offensiven Kampf in allen Lebensbereichen
Für die Organisierung des totalen Widerstandes – hier und heute!
Für eine revolutionäre Guerilla-Bewegung
 
RGO – Revolutionäre – Guerilla – Opposition aus der Konkursmasse der Bewegung 2. Juni.
 
 
Für wen Namen noch irgendwelche Bedeutung haben:
Spontius Bär, Rowdy Rebell, Carlos Caballe, Satan
der Weiße und Tarzan Stepke – alle aus dem Knast
Moabit.

 


(Diskussionsbeitrag zum TUNIX-Kongress in Berlin, 27.-29.1.1978)
veröffentlicht in:
Der Blues
GESAMMELTE TEXTE
DER BEWEGUNG 2. JUNI
 
o.O., o.J. (berlin 1982)
 
2. BAND, S.638-650
 
 
Der Blues als reprint (band I und II):
Antiquariat “Schwarzer Stern”
Dortmund 2001
Limitierte und Handnummerierte
Auflage 500 Exemplare
www.archiv-schwarzer-stern.de

 
 
zu finden auch in der Veröffentlichung zum 2.Juni’98 der Vorbereitungsgruppe B2J:
Texte zur Veranstaltungsreihe
30. Mai – 1. Juni 1997 in der SfE Mehringhof-Berlin
Der 2. Juni rät: Etwas Bewegung kann nicht schaden
 
S. 42-47
 
mit folgendem Vorwort:
»Der Tunix-Kongress fand 1978 kurz nach dem „Deutschen Herbst“ in West-Berlin statt. Völlig überraschend kamen zu dem Kongress 20 000 TeilnehmerInnen aus der linken Szene und der aufkommenden Alternativbewegung.
Zu dem Kongress schrieb ein Teil der Bewegung 2. Juni aus dem Knast einen Diskussionsbeitrag. Unterschrieben wurde der Beitrag mit „RGO Revolutionäre-Guerilla-Opposition aus der Konkursmasse der Bewegung 2. Juni“,
Dieser Name war für den Teil draußen der Bewegung 2. Juni die nackte Provokation, und auch so gedacht. Sie sollten zu einer Auseinandersetzung mit der alten Basis und der restlichen Linken gezwungen werden. Dadurch wurde zum ersten Mal in der Öffentlichkeit deutlich, dass sich verschiedene Fraktionen in der Bewegung 2. Juni herausgebildet hatten.«